Michael Hofstetter, Mobile Liebe, 1996

 

Galerie Binder
Isartalstraße 34
80469 München



Pressetext

1,2,3,4

Austellungseröffnung: 13. September 1996
Dauer der Ausstellung: 14. September bis 16. Oktober 1996

In der Ausstellung 1,2,3,4 zeigen die Münchener Künstler Cornelia Büschbell, Michael Hofstetter, Barbara Probst, Andreas Wutz jeweils eine Arbeit. Den Arbeiten liegt kein gemeinsames Konzept zugrunde. Abgesehen vom rein äußerlichen Merkmal des Fotografischen, handelt es sich um eine bloß additive Aneinanderreihung vier unterschiedlicher künstlerischer Strategien.

Cornelia Büschbells Arbeit Ich kann mich nie an den Anfang erinnern zeigt ein Video bar jeden narrativen Gehalts. In endloser Bewegtheit teicheln bunte Bälle über den Bildschirm. Ihre freundlich-banale Ästhetik parodiert den Wunsch nach Abwechslung und Schönheit. Als Chill-out-Bild in der Sendewut oder überdimensionierter Bildschirmschoner erscheint die Bildabfolge als flacher Vorhang, der sich jedoch nie in die Tiefe öffnet. Es werden immer wieder neue Bilder angeboten, die letztlich doch gleich sind. Es ergibt sich eine endlose Sequenz, die mit dem mächtigen Medium Fernsehen in all seinen Wiederholungen spielt.

Michael Hofstetters Arbeit Mobile Liebe verschachtelt den Galerieraum mit der urbanen Struktur, welche die Galerie umgibt. Drei mit Rädern versehene Stellwände präsentieren drei Fotografien von Prostituierten, welche sich in der Nachbarschaft der Galerie nachts in ihren Autos sitzend potentiellen Kunden anbieten. Die fahrbare, in den Farben der Autos angemalte Stellwand ist nicht nur Präsentationsfläche der Fotografie, sondern selbst Objekt und damit gesetztes Zeichen für die Verfügbarkeit von Kunst im Galeriebetrieb. Auf spielerische Weise werden künstlerische Dichotomien wie Figur/Grund, Text/Kontext, Privatheit/Öffentlichkeit mit Fotografien vorgeführt, deren dargestellte Wirklichkeit dieselbe gegenläufige Struktur aufweist.

Barbara Probsts Arbeit Kauf mich dokumentiert auf großflächigen digitalen Schwarz-Weiß-Ausdrucken 25 Personen beim Telefonieren. Die abgebildeten Personen sind Kunden der Galerie, Kritiker, Spediteure, Restaurantbesitzer, persönliche Freunde des Galeristen etc., die allesamt im persönlichen Adressbuch von Andreas Binder zu finden sind. Die "Portraits" werden direkt an die Wände um den Arbeitstisch des Galeristen Andreas Binder gekleistert und somit zu unverkäuflichen Zeichen gemacht, die auf den in seiner Galerie telefonierenden Galeristen verweisen und ihn ein verkäufliches Ausstellungsstück, eine "Living Sculpture" verwandeln.

Andreas Wutz Arbeit Why Not Call It From The Street spielt das aktuelle Spiegelbild des Betrachters gegen eine Fotografie aus und umgekehrt. Das Anwesende, Gegenwärtige als Spiegelbild gegen das Abwesende, Vergangene als Fotografie werden dabei miteinander verschränkt. Die Fotografie zeigt eine ältere Dame, wie sie mit dem Finger durch das Album ihres Lebens streift. Der hinter ihr stehende Betrachter blickt ihr dabei über die Schulter. Er sieht das Ihre als das Seine gespiegelt, aber nicht das Seine gespiegelt als Gegenwart. Diese blendet der nach außen blinde, weil ineinandergeklappte Spiegel aus. "Why Not Call It From The Street" ist der Slogan einer Telekommunikationsfirma.