Michael Hofstetter, Webfalten, 2015, je 320 x 810 x 200 cm, Baumwolle

 

 

Pressetext: Dr. Karl Borromäus Murr 

 

Textil- und Industriemuseum Augsburg
Provinostraße 46
86153 Augsburg

 

KUNST | STOFF
Interventionen im Staatlichen Textil- und Industriemuseum Augsburg (tim)
22. Mai bis 29. November 2015



Hofstetter hüllt zwei großräumige Vitrinen ein, die die Modeentwicklung der letzten beiden Jahrhunderte zeigen. Die auf den Maschinen im tim gewebte Hülle trägt bei der einen Vitrine eine Motivserie, die von der Produktion von Baumwolle in den USA unter Ausbeutung afroamerikanischer Sklaven handelt. Der Bilderreigen auf der anderen Vitrine kreist um die symbolische Bedeutung von Stoff und Mode, wie sie sich im Rokoko mit seinem Luxus, seiner Theatralik und Erotik ausdrückt. Aufeinander bezogen, liefern die beiden Bilderzyklen den Zusammenhang von Produktion und Konsumtion. Die ausgebeuteten Sklavenarbeiter liefern den Stoff für die verschwenderische Rokoko-Welt. Nicht nur Widersprüche, sondern auch Ähnlichkeiten und Parallelen verbinden die beiden Motivzyklen. So lässt sich etwa in beiden Erzählsträngen eine frivole Obszönität entdecken, die in der Szene des Auspeitschen ob als harsche Bestrafung oder als erotischer Lustgewinn zum Ausdruck kommt. Hofstetter lotet letztlich Tiefgründigkeit an der Oberfläche aus. Von daher erscheint es konsequent, die Blicke des Betrachters an der Außenhaut der eingehüllten Modevitrinen abprallen und sie zugleich dort verweilen zu lassen. Jedoch öffnet sich die Hülle in kleinen Ausschnitten, wodurch der zum Voyeur gemachte Betrachter das Innere der Vitrine neu sieht: nämlich schemenhaft und opak.