Michael Hofstetter, Die Schwelle,1997
Lenbachhaus München
Helmut Friedel
Sublim
Der große Ausstellungsraum im Erdgeschoß des Lenbachhauses - einst diente er als Remise für die Kutschen Franz von Lenbachs - besitzt noch immer das große Tor zur Aus- und Einfahrt. Dieses Tor in Eichenholz nachgebaut, mit exakt der gleichen Gliederung und Täfelung, versetzt Michael Hofstetter in die Raummitte und schneidet in dieses Portal die rechteckige Fläche der Türöffnung, die zu den Ausstellungsräumen führt. Im Tor durchschneiden sich hier die Formen in der Raummitte bar ihrer eigentlichen Funktion. Durch das Aufstellen der Tür- und Torformen im Raum fällt dieser in eine Ebene zusammen, begräbt unter sich die beiden Schwellen, die man überschreiten kann, um ihn zu betreten und hebt somit den Raum ins Bild auf. Umrundet man diese große, mächtige skulpturale Barriere im Raum, sieht man auf eine kupferbeschlagene Fläche. Mit dem Kupfer wird das Material wiederholt, mit dem auch das Außenportal beschlagen ist. Mit der darauf stattfindenden Plakatierung wird der Außenbereich in den Innenbereich übertragen, das Türmotiv wird zur Plakatwand. Auf dem Plakat, das, im Rapport geklebt, mehrfach erscheint, wird dieser Raum vorgestellt, wobei die Wände des Raumes vollständig mit Texten überzogen sind. Vor dieser Text/Bildinstallation finden Modeaufnahmen statt. Zugleich erscheint der Text, als Versuch einer Wiedergewinnung von Wirklichkeit durch die Multiplikation fiktionaler Strategien, mit der Ankündigung eines Symposiums im Lenbachhaus, das nach Auskunft dieses Plakates unmittelbar vor der Eröffnung der Ausstellung stattgefunden haben soll. Die Texte, mit denen die Wand überzogen ist, sind Auszüge der Äusserungen von Künstlern, die in einem Buch "Wegweiser - Kunst für München im öffentlichen Raum 1972-1997" veröffentlicht wurden. Diese Äusserungen, die sich mit ihren Bildwerken um möglichst dauerhaft gültige Aussagen bemühen und dies auch in ihren Texten begründen, werden von Michael Hofstetter dem Bild von Mode - dem vorübergehenden Event und der Äußerlichkeit von Kleidung - gegenübergestellt. In der tatsächlichen Ausstellung war von diesem Eingriff allerdings ebensowenig zu sehen wie von der Modeperformance, die zum Zwecke der Aufnahme stattgefunden hatte. Nur das Plakat liefert den Einblick in zurückliegende Präsenz. Auf diese Weise werden zeitlich sehr unterschiedlich angelegte Strategien auf eine Ebene gebracht, ohne miteinander zu verschmelzen oder gar eine sinnfällige Beziehung einzugehen. So wird in dieser Präsentation von Hofstetter in sublimer Weise eine Fülle von Informationen auf die relativ kleine Fläche des Plakates verdichtet, des Plakates, das temporär, fragil und vergänglich erscheint. Michael Hofstetter bringt in diese Installation "Schwelle" die Gedanken von Skulptur und Raum, von Dauer und Vergänglichkeit, vom Anspruch der Kunst und dem Auftreten der Mode, von Körperlichkeit und Fläche, von Gegenwart und Vergangenheit zusammen und eröffnet so ein Denkspiel, das über den realen Gegenstand zur Reflexionsebene über die Funktion vom Bild in unserer Zeit führt.