Michael Hofstetter / Dieter Rehm:
Hier ist gut sein hier lasset uns Hütten bauen, 2010

 

Landestheater Schwaben
Theaterplatz 2
87700 Memmingen
Tel.: 08331/9459-0
Fax: 08331/9459-33

 

Pressetext

 

Michael Hofstetter / Dieter Rehm
Hier ist gut sein hier lasset uns Hütten bauen, 2010,
Permanente, ortsbezogene Wandarbeit,
151 cm x 1800 cm x 15 cm, Neon, Kabel, Trafos



„Hier ist gut sein hier lasset uns Hütten bauen" steht als Spruchband in der Darstellung der Verklärung Christi im Fresko der Gebrüder Strigel im ersten Jochs an der Nordwand des historischen Kreuzganges, an dessen Rückseite sich die Garderobe des Landestheater Schwaben befindet.

Die Verklärung Christi, zeigt seine Verwandlung in die Herrlichkeit, ­welche auch als Transfiguratio bezeichnet wird. Als Transfiguration könnte man auch das Verfahren beschreiben, dass in dieser Arbeit angewandt wird.

Der Verlust des ursprünglichen Sinns der Intention des Autors ist nicht nur ein denkmalpflegerisches und konservatorisches Problem, als Verfall von Material. Es ist auch das Problem von jedem Text, von jeder Überlieferung, die niedergeschrieben wurde. Kaum ein Zeitgenosse kennt mehr die Stelle von Markus 9.5, in der dieser Satz vorkommt. Theologen und Bibelforscher wissen um die Bedeutung dieser Stelle. Der Sinn des Textes ist gewissermaßen fragil, und man kann nicht mehr den Autor fragen, der ihn in die Welt gebracht hat. Jetzt flotiert er frei herum und jeder kann mit ihm anfangen was er will. Somit hat der Text eine Neigung bildliche Vorstellung zu werden.

Die Verschiebung des Sinns hin auf seine Präsentation und der damit verbundene Verlust der Spur zum Repräsentanten ist Thema und Verfahren dieser Arbeit. Präsenz geht auf Kosten von Referenz.

Der Satz: „Hier ist gut sein hier lasset uns Hütten bauen", wird aus dem Fresko entnommen, ins Deutsche übersetzt und von der Rückseite der Wand auf die Vorderseite transferiert und dort in der Type Futura Bold Condensed Outline über die ganze Wandfläche geschrieben. Die Schrift geht zurück auf die von Paul Renner im Jahre1927 entworfene Futura und wurde von ihm in der Condensed-Version1930 veröffentlicht. Aus der Bauhaus-Bewegung resultierend, zeichnet sich diese Schrift durch eine streng geometrische Formgebung aus.

Durch die Addierung vergrößerter Umrisslinien, breitet sich der Textkörper immer mehr aus, als zeichne er seine eigenen Schallwellen. Pumping up the volume. Es entsteht ein Gespinst von Linien, mit Einschlüssen und Verzeichnungen. Dies hat zur Folge, dass der Text sich mehr und mehr entstellt und gleichzeitig Bildkomposition wird.

Der ursprüngliche Satz „Hier ist gut sein hier lasset uns Hütten bauen" wird als Außenlinie in goldocker farbigem Neon geschrieben. Eine weitere Umrisslinie erscheint in Kobaltgrün. Die äußere Umrisslinie ist Violett. Die Farblinien stehen in Ebenen übereinander.

Der verlorene Kontext des ursprünglichen Textes verrechnet sich mit dem gegebenen Kontext der graphischen Übersetzung. Die Präsenz hat Lücken zur Folge. Es sind die Unterbrechungen der Architektur – zwei Türen und eine Heizung schlagen bereits Lücken. Durch Verdoppelung und Überlagerung verschiebt sich der Textsinn darüber hinaus immer mehr in den Bildsinn. Die Verführung hat andere Gesetze als die Exegese. Die Lücken, sowie das farbige Licht machen das Bild zugänglich. Der Betrachter schreibt sich ein, – hier an der Garderobe buchstäblich indem er seine Kleider abgibt. Die Kleider hängen im Bild. Hier wird klar, dass die Lücke Verständnis schafft. Das farbige Rauschen des Neontexts im Wechsel ist hier Szenenanweisung für die Aufführung der Garderobieren. Sie stehen jetzt im Rampenlicht, changieren zwischen gold, grün und violett. Die Kleider der Besucher sind ihre Requisiten.

Auch die Kleider sind Zeichen. Selbstzeichen: Schaut mich an! Wie das Neon-Graffiti an der Wand. Markierung von Hier und Jetzt. Es gibt keine Botschaft mehr, außer dass man hier war.

„Hier ist gut sein hier lasset uns Hütten bauen", bekommt einen neuen Sinn.

Der Text wird zur Reklame seiner selbst. Die Farben addieren sich. Erst Gold, dann Grün dann Violett. Der Farbkreis resultiert aus den Fresken. Hier reiner und knalliger. Dann erlischt das Ganze wieder. Und dann wieder Gold, dann Grün, dann Violett. Das Moment der Zeit kommt hinzu. Ein Schauspiel vor dem Schauspiel.

Dr. Shiva Lachen