Spam_Hamburg_Master

 

Michael Hofstetter, SPAM (Gelb/Grün/Rot/Blau - opaker Unterbau), 2005, 84 x 53 x 53 cm,
Plexiglas, opake Folie, farbige Neonröhren, Kabel

 

 

Hamburger Kunsthalle
Glockengießerwall
20095 Hamburg
neben dem Hauptbahnhof
Tel. +49 (0) 40 / 42 81 31-2 00
Fax +49 (0) 40 / 42 85 4-34 09
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www.hamburger-kunsthalle.de 

 

SNAFU. Medien, Mythen, Mind Control

2. April bis 5. Juni 2006

Ausgestellte Arbeiten von: Francis Alÿs, Kutlug Ataman,
Oliver van den Berg, Günter Brus, Lenka Clayton, Lutz
Dammbeck, Jeanne Faust, Johan Grimonprez, Rudolf Herz,
Elmar Hess, Michael Hofstetter, Tellervo Kalleinen,
Andrée Korpys & Markus Löffler, Eva Meyer /Eran Schaerf,
Otto Mühl/ Kurt Kren, Bruce Nauman, Walid Raad,
Christopher Roth /Franz Stauffenberg, Annamaria und
Marzio Sala, Corinna Schnitt, Andy Warhol /Ronald
Nameth, Ulay, Klaus Wyborny.

Videokunst ist längst in den Museen angekommen.
Die konservatorischen Eigenschaften des Mediums werfen neue Fragestellungen auf,
die mit verwertungsrechtlichen Gesichtspunkten einher gehen. Die inhaltlichen Fragen, die mit der
Besonderheit des technischen Mediums zu tun haben, geraten ins Hintertreffen. Jetzt widmet sich
die Hamburger Kunsthalle dieser Problematik mit einer Auswahl hochkarätiger Neuerwerbungen aus
den Beständen der Videosammlung, ergänzt durch namhafte Leihgaben. „SNAFU. Medien, Mythen,
Mind Control“ ist eine Ausstellung über das prinzipielle Missverstehen in hierarchischen Kommunikationsstrukturen.
Die Themen der Liberalisierung wie Emanzipation, Drogenerfahrung, Jugendkultur, Rock und Pop,
sexuelle Revolution und Freiheitskampf finden sich in unlösbare Widersprüche verstrickt. Für diese Gemengelage ist „snafu” möglicherweise eine sinnfällige Bezeichnung. Der Militärjargon meint mit dem Akronym „snafu” ein Prinzip, demzufolge Entscheidungen innerhalb von Kommandostrukturen dazu neigen, ihren Bezug zur Wirklichkeit zu verlieren und Fehlentwicklungen zu verstärken. Es entsteht eine „situation normal all fucked up”. Amerikanische Soldaten erfanden diesen Ausdruck aus gegebenem Anlass während des Zweiten Weltkriegs. Im Laufe der 1970er-Jahre wurde er zum geflügelten Wort für die politische und militärische Situation in Vietnam. Robert Anton Wilson machte in seiner Erzählung „Illuminatus-Trilogie“ (1975) aus dem Begriff den Baustein für eine esoterische
Verschwörungstheorie.
Die Ausstellung „SNAFU. Medien, Mythen, Mind Control“ setzt eine thematische Klammer um filmische Arbeiten von Mitte der 1960er-Jahre bis hin zu Videoinstallationen und Videofilmen allerjüngsten Datums. Alle Beiträge verbindet die Frage, wie Kommunikationsmittel eingesetzt werden und welche Bahnungen sich aus diesen Formierungen ergeben. Drei der Beiträge bilden ein historisches Bezugsfeld für die übrigen Arbeiten.
Kurt Kren (1929 –1998) rückte in seinen filmischen Interpretationen der Wiener Materialaktionen von Otto Mühl dem Bildgedächtnis mit extrem kurzen Cut-up-Montageschnitten zu Leibe. Die visuelle
Überlastung konfrontiert den Betrachter mit körperlicher Direktheit. Im vergleichbaren Zeitraum, April
1966, experimentierten Andy Warhol und seine Freunde im Umfeld der Factory in der New Yorker Diskothek DOM mit Lightshows, Filmprojektionen und Stroboskopeffekten zur Live-Musik von Velvet Underground. Exzessiver Drogengenuss und Reizüberflutung machten das so genannte „Exploding
Plastic Inevitable“ zur ersten psychedelischen Multi- Media-Show der Welt. Ronald Nameth hat dieses Pop-Ereignis als einen Film neu komponiert. „Exploding Plastic Inevitable“ ist Zeitzeuge von
 der 1940er- bis 1960er-Jahre, indenen sich die Horizonte von Wissenschaft, Kunst
und Technologie nach allen Seiten zu öffnen schienen.
Lutz Dammbeck unternahm eine Recherche über Zusammenhänge zwischen militärischen Verhaltensstudien, LSD-Experimenten, der Erfindung des Internets und wissenschaftlicher Kybernetik.
Als Teil seiner umfangreichen Arbeit entstand ein Nachbau der Waldhütte des Weltflüchters Ted Kaczynski, dem mutmaßlichen UNA-Bomber. Die Installation berichtet über Drogenversuche des USMilitärs in den 1960er-Jahren, Acid-Tests von Ken Kesey und den „Merry Pranksters“ sowie „Mind-
Control“-Experimente mit dem Titel „Multiform Assessments of Men“ an der Harvard Universität. Video wird Ende der 1960er-Jahre in der Funktion einer Kontrolltechnik als neues Bild- und Tonmedium von Künstlern gegen den Strich gebürstet. Sein Einsatz im künstlerischen Bereich, die Entwicklung zum Massenmedium und das Musikvideo tragen wesentlich zur „Verfransung“ der Künste
mit den Alltagskulturen bei. „SNAFU“ stellt visuelle Anschlüsse zwischen unterschiedlichen künstlerischen Arbeiten her, ohne eine Lösung der vielfältigen Frage nach möglichen Kommunikationswegen vorwegzunehmen. Die Ausstellung erfordert auch, einen eigenen Pfad zum Erfolgsfall geglückter Kommunikation einzuschlagen.
Frank Barth, Dirck Möllmann.